Tarnkappen-Nazis


Verkehrte Welt - Linksrutsch von rechts außen


Sie tragen die Klamotten der Linken und plündern die Symbole der Antifa - vom Che-Guevara-Button bis zum Palästinensertuch. "Autonome Nationalisten" treiben ein bizarres Versteckspiel, um Jugendliche zu umgarnen.

Autonome Nationalisten

Die "Autonomen Nationalisten" buhlen vor allem um Jugendliche in Großstädten und Ballungsräumen. Sie verzichten auf den plumpen Brutalo-Look - Hauptsache, das rechte Weltbild stimmt: "Es spielt keine Rolle, welche Musik man hört, wie lang man seine Haare trägt oder welche Klamotten man anzieht", schreiben die "Autonomen Nationalisten Wuppertal/Mettmann" auf ihrer Internetseite. Und weiter: "Das heißt, dass wir uns dafür einsetzen, alle relevanten Teile der Jugend und der Gesellschaft zu unterwandern und für unsere Zwecke zu instrumentalisieren."

Perfide Strategie

Es ist eine besonders perfide Strategie. Während die NPD, Bastion der alten Rechten, sich in Ostdeutschland gutbürgerlich gibt, kopieren die neuen Rechten das Auftreten ihres politischen Gegners, der Linksautonomen. Neben Basecaps und XXL-Hosen tragen sie T-Shirts mit antikapitalistischen Sprüchen, bisweilen sogar Che-Guevara-Buttons und Palästinensertücher ("Arafat-Feudel"). Bei Aufmärschen hören sie Songs von Rio Reiser oder den Ärzten, wählen für Flugblätter und Plakate Zeichentrick- und Graffiti-Figuren, dazu auch abgewandelte linke Symbole wie die doppelte Flagge der Antifa. Vor Angliszismen haben sie keine Scheu ("We will rock you" oder "Fuck the law!").

Nur eine militante Randgruppe?

Der Verfassungsschutz bewertet die "Autonomen Nationalisten" in einem neuen Bericht allerdings als "militante Randgruppe". Sie seien "im Gesamtgefüge weitgehend isoliert, abgesehen von einigen Führungsfiguren mit Kontakten in die klassische Neonaziszene". Die rechtsextreme Szene diskutiere dieses Konzept seit zwei, drei Jahren "eher ablehnend", eine breite Umsetzung sei auch nicht zu erwarten, so die Sprecherin. Das Bundesamt schätze die Anhänger der Szene auf lediglich "etwa 150 bis 200 Personen in Deutschland".

"Das halte ich für arg untertrieben", kontert Ralf Beltermann vom Arbeitskreis "Dortmund gegen Rechtsextremismus", "die Szene dürfte erheblich größer sein. Man sieht hier vor Ort die Aktivitäten und das Potential bei überregionalen Demonstrationen." Die Aktivisten der neuen Generation seien meist Anfang bis Mitte 20, würden sich hervorragend im Einsatz von neuen Medien auskennen und auch vor Gewalttaten gegen bekannte Antifaschisten nicht zurückschrecken, bis hin zu Überfällen. Für Jugendliche sei nur schwer zu erkennen, mit wem sie es zu tun haben. So seien die "Autonomen Nationalisten" in Sachen Musik offen und könnten Jugendliche in Discos oder Konzerten leichter ansprechen, da sie erst einmal unerkannt blieben.

(Auszüge aus "Schulspiegel", 1.Mai 2008)

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